
Zum 16. Begegnungstreffen mit
Erfahrungsaustausch hatten die Mitglieder
der Selbsthilfegruppe "Multiple Sklerose" in
Zusammenarbeit mit der Mobilen
Behindertenhilfe der Stadtmission Zwickau e.
V. sowie der Kontakt- und Informationsstelle
für Selbsthilfe (KISS) Betroffene,
Interessierte und deren Angehörige zu einer
Informationsveranstaltung eingeladen. Diese
fand am 25. Juni 2016 im Gemeindehaus und
Garten der Pauluskirche Zwickau-Marienthal
statt. Frau Christiane Ludwig begrüßte
die vielen Besucher und wünschte einen
angenehmen Tag und gute Gespräche. Herr
Dr. med. Reinhardt Dachsel aus Chemnitz,
Vorsitzender der DMSG Sachsen, begann die
Veranstaltung mit einem Vortrag zum Thema
"Multiple Sklerose und der Darm". In Sachsen
leben ca. 10 000 MS-Patienten, die trotz
ihrer Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben
führen. Der Verlauf der MS ist sehr
unterschiedlich. Viele Menschen haben
Schübe, die die Krankheit verschlimmern.
Dies zeigen MRT-Ergebnisse. Läsionen spielen
keine Rolle für die Symptomatik, nur für die
Prognose. Negativ beeinflussen können die MS
auch Gene und Umweltfaktoren, wie das
Epstein-Barr-Virus, Rauchen, Übergewicht im
Kindesalter und Mangel an Vitamin D.
Zunächst erklärte Dr. med. Dachsel Aufbau
und Funktion des Magen-Darm-Traktes. Über
Mund – Speiseröhre – Magen (Leber/Galle) -
12-Finger-Darm – Dünndarm und Dickdarm nimmt
der Mensch im Laufe seines Lebens etwa 30
Tonnen Nahrung zu sich. Die menschliche
Darmflora ist ein eigener Mikrokosmos mit
100 Billionen verschiedenen Arten. Sie hilft
bei der Verdauung, wehrt Infekte und Gifte
ab, versorgt uns mit Energie und
Nährstoffen, kann aber auch krankheits- und
entzündungsauslösend sein. Letzteres kann
für die MS-Entstehung mitverantwortlich
sein. Das Erbgut des Darmes ist größer als
beim Menschen. Deshalb ist die
Risikoprofilerstellung auf Anfälligkeit für
MS nur bei Erbkrankheiten sinnvoll. Es ist
erwiesen, dass die Darmflora Einfluss auf
das Nervensystem hat – entzündungsfördernd
sind Salz und Fett. Ziele der MS-Therapie
sind : Weniger Schübe, weniger Behinderung,
mehr Lebensqualität! Therapeutischen
Einfluss hat eine gesunde Ernährung,
Präbiotika, Antibiotika mit Langzeiteffekt
auf die Darmflora und die Forschung an
Fäkaltransplantation. Komplikationen können
durch Inaktivität entstehen. Leider können
viele MS-Kranke nicht mehr so aktiv sein,
wie sie gerne wollen. Wichtig ist
ausreichendes Trinken (1,5 bis 2 l pro Tag),
soviel Bewegung wie möglich, Einnahme von
Macrogol, Einläufe, Colonmassagen und
Beckenbodengymnastik. So können die sehr
schmerzhaften Kotsteine vermieden werden.
Zum Schluss ging der Referent noch auf die
Störung der Blasenentleerung ein. Der innere
und äußere Schließmuskel der Harnblase kann
nicht mehr beeinflusst werden. Bei MS haben
50 bis 90 Prozent Blasenentleerungsstörungen
verschiedenster Formen. Hyperkontraktivität
(müssen, obwohl die Blase nicht voll ist)
ist die am häufigsten vorkommende. Um
Harnwegsinfekte zu vermeiden, sollte die
Blase vollständig entleert werden. Ist sie
zu schwach, helfen Medikamente, der
Schließmuskel kann erweitert werden und es
kann ein Katheter gesetzt werden. Einige
Betroffene hatten noch Fragen an Herrn Dr.
med. Dachsel, die er gerne beantwortete.
Nach diesem informativen Vortrag gab es eine
Kaffeepause mit vielen individuellen
Gesprächen.
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Frau Heike Schell,
Ernährungsberaterin der Fa. Alippi in
Zwickau, sprach zu Fragen rund um die
Ernährung bei MS. Ihr ist Prävention wichtig
und sie bietet spezielle Kochkurse, auch in
Selbsthilfegruppen, an. Bei MS ist keine
spezielle Diät erforderlich, doch kann die
Ernährung durch positive Lebensmittel wie
Fisch, pflanzliche Fette, Vitamine und
Spurenelemente sowie negative wie Fleisch
und Wurst beeinflusst werden.
Sie ging
auf die schon vielen bekannte
Ernährungspyramide ein. Stufe 1:
Getränke ausreichend trinken, 1,5 bis 2
Liter pro Tag, Säfte verdünnen, weil sie zu
viel Zucker enthalten; Durst ist das 1.
Zeichen der Austrocknung
Stufe 2:
Obst/Gemüse bei Obst Vorsicht, enthält
Frucktzucker; ob Gemüse roh oder gegart
gegessen wird ist egal, es ist sehr gesund,
weil es viele wichtige Spurenelemente
enthält
Stufe 3: Getreide/Kartoffeln Ballaststoffe sind unverdaulich, Vollkorn
hält länger satt, je mehr im Magen ist,
desto besser
Stufe 4:
Milch/Milchprodukte, Fisch, Fleisch, Eier
nicht mehr als 2 Eier pro Woche, sie sind
entzündungsfördernd; in Milch ist viel
Kalzium (gut für die Knochen)
Stufe 5:
Fette/Öle dabei sollte vorwiegend Rapsöl
und Margarine verwendet werden, sie
enthalten Vitamin E
Stufe 6: Süßes,
Snacks und Alkohol selten essen bzw.
trinken – aber genießen
Alles ist erlaubt
– die Menge macht eine gesunde Ernährung
aus. 10 goldene Regeln für eine gesunde
Ernährung
- vielseitig essen
- reichlich
Getreideprodukte und Kartoffeln
- Gemüse
und Obst fünfmal am Tag
- täglich Milch
- wenig Fett
- wenig Zucker und Salz
- reichlich Flüssigkeit
- schmackhaft und
schonend zubereiten
- Zeit nehmen zum
Essen, das Essen genießen
- Achten Sie auf
Ihr Gewicht und bleiben Sie in Bewegung!
Obwohl man eigentlich viel über Ernährung
weiß, ist die Umsetzung manchmal schwierig.
Es war ein schöner Vortrag von Frau Schell.
Gelesen und gehört macht schon einen
Unterschied, mit einer gesünderen Ernährung
zu beginnen. An ihrem Präsentationsstand
konnte man Fragen stellen und sich
Informationen geben lassen. Außerdem hatte
sie für den Grill "Gesundes" vorbereitet.
Im Anschluss war Bewegung angesagt mit
Physiotherapeutin Birgit Völker, und alle
machten nach ihren Möglichkeiten mit.
Gymnastik im Sitzen, die richtige Atmung,
innehalten, sich auf den eigenen Körper
konzentrieren – und das alles bei angenehmer
Musik. Auch diese Übungen können zu Hause
wiederholt und ausgebaut werden. Ehe der
Grill angeheizt und die Roster sowie Fisch
und Gemüse fertig waren, ging es in eine
Fragerunde. Frau Christiane Ludwig
moderierte und es gab Einblicke, was in den
verschiedenen MS-Selbsthilfegruppen
passiert. Aus allen Teilen des Landkreises
Zwickau, aber auch aus Gera, Chemitz und
Aue, waren Betroffene gekommen. Die
Gemeinschaft in einer Selbsthilfegruppe
möchte keiner mehr missen. Und wenn es
gesundheitlich mal nicht so gut läuft, wird
keiner vergessen. Es gibt ja Telefon zum
Reden, und Autos für Haus- und
Krankenhausbesuche. Ein schöner Tag bei
herrlichem Wetter ging zu Ende. Zum Schluss
noch im Garten sitzen, Gegrilltes schmecken
lassen und bei netten Erzählungen die Seele
baumeln lassen war ein schöner Abschluss des
16. Begegnungstreffens. Alle freuen sich
schon auf das 17. im nächsten Jahr.
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